Zum Inhalt springen
HÖREN

KZ-Außenlager „Martha“ | Alte Kammgarnspinnerei

Als ab Februar 1944 die Nutzung der Werkshallen der bei Kriegsbeginn stillgelegten Thuringia – Kammgarnspinnerei GmbH Mühlhausen für eine Produktionsstätte der Junkers-Werke vorangetrieben wurde, war von Beginn an der Einsatz von KZ-Häftlingen geplant. Auf dem Gelände wurde ein Außenlager des KZ-Buchenwald mit Wachmannschaften aus SS und Werkschutz eingerichtet. Für Betrieb und Lager wurden verschiedene Tarnnamen wie „Mühlenwerke (AG) Mühlhausen (in Thür.)“, „Junkerswerke Mühlhausen“, „M“ u. a. verwendet, von denen „Martha (I)“ in Mühlhausen erinnert wird.

Hier wurden von April 1944 bis zur Befreiung im Februar 1945 bis zu 578 Männer gefangen gehalten; insgesamt mindestens 658 vom Jugendlichen bis zu älteren Jahrgängen ab 1882. Neben Deutschen, die aus politischen Gründen, wegen einzelner Delikte oder als rassistisch verfolgte Sinti in die Fänge des NS-Repressionsapparates geraten war, wurden vor allem in den besetzten Gebieten Europas Verhaftete zur Sklavenarbeit nach Mühlhausen verschleppt. Sie kamen aus Frankreich, der Sowjetunion, Polen, der Tschechischen Republik, Belgien, Italien, den Niederlanden, Luxemburg, Rumänien oder galten als „staatenlos“; einige waren Juden.

In zwei Schichten von bis zu 12 Stunden wurden die Häftlinge ausgebeutet. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren unmenschlich. Mindestens acht Männer starben entkräftet an Krankheiten oder wurden nach erfolgloser Flucht ermordet. Entrechtet waren die Gefangenen der Willkür ihrer Bewacher ausgeliefert. Prügel bis hin zu schwersten Misshandlungen gehörten zum Alltag. Wer in Mühlhausen nicht Augen und Ohren verschloss, wusste davon.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieg nahm die Thuringia-Kammgarnspinnerei ab August 1946 ihre Produktion wieder auf. Von 1986 an erinnerte eine Gedenktafel in der Friedrich-Naumann-Straße an die Existenz des KZ Außenlagers. Produziert wurde auf dem Gelände als Betriebsteil der damaligen Mülana Maschenmoden GmbH bis Jahresende 1996. 2005 erfolgte der Abriss der Gebäude.

Übersichtskarte Stolpersteine & Erinnerungsorte