Bauernkriegs-Denkstein am Rieseninger
Das Denkmal aus 200 Zentner Muschelkalk wurde vom Verschönerungsverein zu Mühlhausen errichtet und am 14. Juli 1901 eingeweiht. Die Inschrift auf der Talseite wurde zweimal verändert, um 1953 den ursprünglichen „Bauernkriegs-Denkstein“ zum „Thomas-Müntzer-Denkmal“ umzuwidmen und dieses 1975 noch einmal neu dem Geschichtsbild der DDR anzupassen.
Bei der Neugestaltung des Rieseninger Berges als Stadtpark auf Initiative des Verschönerungsvereins zu Mühlhausen wurde am Nordhang in zeittypischer Einrahmung der damals so benannte „Bauernkriegs-Denkstein“ errichtet. Damit wurde zum ersten Mal dauerhaft im öffentlichen Raum der Stadt an die Ereignisse von 1525 und insbesondere an Thomas Müntzer (ca. 1489–1525) erinnert. Den Text der Inschrift auf der Talseite hatte der Gymnasialprofessor und Stadthistoriker Reinhard Jordan (1847–1916) entworfen:
Zur Erinnerung
an den
Bauernkrieg
und das Unglücksjahr
Mühlhausens
1525
Auf dieser Anhöhe
wurden die Häupter der bei Görmar
hingerichteten Führer
Thomas Müntzer und Heinrich Pfeiffer
aufgespiesst
Errichtet vom Verschönerungsverein
zu Mühlhausen
bei Gründung des Stadtparks
1901
Bei der Einweihung am 14. Juli 1901 begründeten die Honoratioren des Vereins, „kein Denkmal […] zur Verherrlichung der Thaten jener verblendeten, gewalttätigen Massen und ihrer fanatischen Führer“ geschaffen zu haben (Stadtverordneter Max Langhammer, 1856–1940). Ausdrücklich sollte „der errichtete Denkstein nicht im entferntesten den Bauernkrieg und seine Führer, die so viel Unheil, Not und Demütigung über unsere Vaterstadt brachten, verherrlichen, sondern nur die geschichtliche Episode und blutige Schlußtragödie des Bauernkrieges, die sich in den uns umgebenden Geländen abspielte, festhalten und kennzeichnen“ (Vereinsvorsitzender Bauereibesitzer Gustav Weymar, 1843–1903).
Den Ort und sein Denkmal nahmen in der Weimarer Republik trotzdem die Organisationen der Arbeiterbewegung an, um dort im Mai 1925 bei Veranstaltungen zum 400. Jahrestag des Deutschen Bauernkriegs ihr konträres Geschichtsbild zu demonstrieren, in dem insbesondere Thomas Müntzer zum Vorkämpfer der eigenen Sache stilisiert wurde.
Die 1949 mit Gründung der DDR republikweit einsetzende Verehrung Müntzers steigerte in Mühlhausen die Identifikation mit seiner Person und seinem Wirken in der Stadt 1524/25. Die „Thomas-Müntzer-Kampfwoche für den Frieden“ vom 25. bis 31. Mai 1953 war dann Anlass für die Umbenennung des Rieseningers in „Volkspark Thomas Müntzer“ und für die Entfernung der ursprünglichen Inschrift am Denkmal. Sie wurde am 27. Mai, dem 428. Todestag Müntzers, durch eine neue Gedenktafel ersetzt:
Viel Blut ward hingegeben
seit Müntzers kühner Tat;
das deutsche Volk soll leben
und prächtig wächst die Saat!
KUBA
Thomas Müntzer
dem revolutionären
Bauernführer gegen
feudalistische Unterdrük-
kung und Ausbeutung
der in Mühlhausen den ewi-
gen Rat einsetzte und den
Volksstaat 1525 proklamierte
Die einleitenden Verse waren dem der DDR gewidmeten Gedicht „Das neue Deutschland“ des Lyrikers KuBa alias Kurt Barthel (1914–1967) entnommen.
Die Feierlichkeiten zum 450. Jahrestag des Deutschen Bauernkriegs 1975 in der DDR, die in Mühlhausen mit „Thomas-Müntzer-Festwochen“ begangen wurden, ließen die Inschrift von 1953 als nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Am 4. Juli wurde eine neue Tafel enthüllt:
„Die Gewalt soll
gegeben werden
dem gemeinen Volk“
Thomas Müntzer im Jahr 1525
Seine weit in die Zukunft
reichenden Ideen
wurden von den
Werktätigen in der
Deutschen
Demokratischen
Republik
heute verwirklicht
Nach Bericht der Tagespresse über die Einweihung durch Bürgermeister Karl Saul (1919–1977; amt. 1973–1977) betonte dieser „in seiner Ansprache, daß Müntzers Traum von der Errichtung eines freien Volksstaates in unserer sozialistischen Republik Realität geworden ist, und er erinnerte an Traditionen der Arbeiterklasse, die u. a. 1925 Thomas Müntzer an gleicher Stelle mit einem Meeting des Roten Frontkämpferbundes ehrte.“ Die neue Inschrift modernisierte in diesem Verständnis das Müntzer-Bild entsprechend dem zwischenzeitlich verändertem Staatsverständnis der DDR. Sie entsprach voll und ganz der damaligen offiziellen Geschichtsdeutung, die bis zum Ende des sich selbst als solchen darstellenden „Ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden“ nicht mehr korrigiert wurde. So unterblieb auch eine neuerliche Umgestaltung der Inschrift am Denkmal im Parkt vor der Stadt, als 1989 der 500. Geburtstag Thomas Müntzers begangen wurde.
Die politische Wende vom Herbst 1989 und die Deutsche Wiedervereinigung haben auch in Mühlhausen die eigene Stadtgeschichte von staatlich-ideologischen Vorfestlegungen befreit. Die Zeitgebundenheit älterer Bauernkriegs- und Müntzer-Bilder tritt heute umso deutlicher hervor. Das Denkmal im Rieseninger selbst dokumentiert deren Entwicklung über das 20. Jahrhundert hinweg. Es soll daher seine letzte Gedenktafel auf der Talseite behalten und wird im Jahre 2025 für die Gegenwart auf der Rückseite mit einer neuen Inschrift ergänzt. – Wohl wissend, dass jede Form der Geschichtsbewertung ihrer jeweiligen Zeit verbunden bleibt.
Adresse
Bauernkriegs-Denkstein am RieseningerStadtpark
99974 Mühlhausen
Tel: +49 3601 404770
E-Mail: service@touristinfo-muehlhausen.de
Web: https://tourismus.muehlhausen.de
öffentlich Zugänglich
Haustiere erlaubt
freier Eintritt
Fotografieren erlaubt
Keine sanitaere Einrichtung
Weitere Informationen
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Firmierung
Stadtverwaltung Mühlhausen, Oberbürgermeister Dr. Johannes Bruns
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Vermittler
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