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HÖREN

Das Pulverhäuschen

Im 19. Jh. wurde Mühlhausen Garnisonsstadt. Außerhalb der Stadt wurde an der Hollenbacher Landstraße ein Exerzierplatz angelegt. Der sicheren Lagerung von Munition für Schießübungen diente das 1869/70 errichtete sogenannte Pulverhäuschen. Der schlichte Funktionsbau war eingeschossig auf quadratischer Grundfläche von 64 m2 errichtet worden. In diesem beengten, damals zudem völlig heruntergekommenen Gebäude ohne Wasseranschluss, ohne sanitäre Anlagen und ohne jegliche Inneneinrichtung wurden im September 1939 zwei Familien mit insgesamt 12 Personen aus dem Saargebiet zwangseingewiesen. Ab dem 31. Oktober 1939 kamen weitere 19 Personen aus Uengsterode, Kr. Witzenhausen, hinzu. Im Folgejahr musste auch eine große Familie aus Mühlhausen hierher umsiedeln. Unter menschenunwürdigsten Bedingungen waren im Pulverhäuschen und in mitgebrachten Wagen mindestens 48 Männer, Frauen und Kinder gettoisiert, die als Sinti und Roma durch die Nürnberger Rassegesetzte entrechtet worden waren. Im März 1943 wurden sie ins Vernichtungslager Auschwitz und andere Konzentrationslager deportiert. Nach der Befreiung kamen die Überlebenden der Mühlhäuser Familie hier zuerst wieder unter. 1951 konnten sie Wohnungen in der Stadt beziehen. Das Pulverhäuschen wurde noch im selben Jahr abgerissen.

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